Frauen 4 Business – Franzi Groß
"Frauen 4 Business"
Mein Blog für Frauen im Beruf.
Für Sichtbarkeit, Miteinander und viel Liebe zur Musik.
Mit Fotos, Fragen und Antworten.
Heute zu Gast bei mir:
Franzi Groß (Franzi singt), Musikerin, Sängerin, Songwriterin
Weingarten
Warum Bushaltestellen?
Ich liebe Bushaltestellen, nur leider sind die alle heutzutage so Lidl(Werbung) konform. Achtet mal drauf!
Und Franzi schreibt ihre Songs gerne in Öffis, im Bus; auf dem Handy.
Franzi singt: auf der Strasse, auf der Bühne als Sängerin von der Pop Rock Band "zimt und zorn" und ist ein Teil von "Warum Wonka", eine Elektro-Brass-Pop Band.
Ausserdem improvisiert sie aus dem Stehgreif. Wie damals vor knapp 3 Jahren, als ich sie in der Streamerei im Studio von Rauch und Spiegel in Ravensburg kennenlernte und sie durch ein verbales Missverständis und Fehlhörung meinerseits, ein Lied gespickt mit dem Wort Durchfall trällerte. Hat mich beeindruckt. Sehr. Zum einen stehe ich auf Skurilitäten und Menschen, die mit mir zusammen darüber lachen und zum anderen finde ich Wort-Musik Improvisationen mundaufklappend.
Also klappt die Ohren auf, wenn ihr die Gelegenheit bekommt, Franzi singen zu hören. Denn Franzi singt ganz toll. Alleine und mit tollen Musikern.
Danke Franzi!
Wie kamst du zur Musik?
Da ich in eine extrem musikalische Familie geboren wurde, spielen Instrumente, Gesang, Bands, Orchester schon von Beginn an eine große Rolle in meinem Leben. In meiner Kernfamilie spielen alle Gitarre und ein weiteres Instrument, alle können singen.
Woran und mit wem arbeitest du zur Zeit musikalisch?
Die meiste Zeit verbringe ich gerade mit meiner Band zimt&zorn und den vielen lieben Menschen, die Teil dieser Formation sind. Wir schreiben und spielen deutschsprachigen Pop-Rock und sind mittlerweile sehr viel unterwegs auf den Bühnen in und um Baden-Württemberg.
Außerdem bin ich seit gut einem Jahr Teil der Electro-Brass-Pop-Band WARUM WONKA. In ein paar Tagen werden wir unsere Debut-Show auf einem Festival spielen, was super spannend wird.
Gelegentlich trete ich mit Peter Pux auf und bin als Studiosängerin engagiert, um englischsprachige Kinderlieder einzusingen.
Was ist dein Part in den Bands? Wie habt ihr zusammengefunden?
zimt&zorn habe ich eigens gegründet und meine absoluten Lieblingsmusiker angefragt, ob sie gern Teil dieses Abenteuers wären – glücklicherweise haben sie alle zugesagt und heute stehen wir zu sechst auf der Bühne.
WARUM WONKA bestand schon vor meinem Beitritt. Jahrelang hat ein Team an Musiker:innen an den Instrumentals gewerkelt und gefeilt, worauf ich nun meine Lyrics setzen durfte. In beiden Bands bin ich an den Main Vocals anzutreffen, bei zimt&zorn auch an der Akustikgitarre und Ukulele. Außerdem bin ich Head of Songwriting und gebe gern meinen Senf beim Harmonisieren und Arrangieren dazu.
Wie war dein erstes Mal als Straßenmusikerin?
Mein erstes Mal Straßenmusik war in Basel. Ich war 16 Jahre alt und hatte das gebrochene Selbstbewusstsein einer jahrelang gehänselten, verunsicherten Jugendlichen. So stand ich also mit meiner umgehängten Gitarre einige Minuten am Rand irgendeines Platzes und wartete ab, bis ich genug Mut zusammengekratzt hatte. Als ich dann endlich spielte, setzte eine Befreiung und Ermächtigung ein, wie ich sie mir schon längst gewünscht hatte. Noch heute stehe ich sehr gerne in den Fußgängerzonen der Region, denn es erinnert mich daran, dass es sich lohnt, über den eigenen Schatten zu springen und sich zu beweisen, dass man mehr kann und mehr ist, als machtbesessene Menschen einem weismachen wollen.
Wie reagieren die Menschen auf dich mit der Gitarre im öffentlichen Raum? Fällt dir eine schöne Geschichte dazu ein?
Mir fallen auf Anhieb zig erzählenswerte Geschichten ein. Einmal wurden mir statt Münzen Maultaschen und ein Korb Erdbeeren in den Koffer gelegt. Manchmal auch allerliebste Notizzettel, auf denen Menschen sich bedanken, dass sie an einem dunklen Tag für ein paar Minuten aus ihrem Loch gezogen wurden, weil sie ihrem Lieblingslied lauschen konnten. Vor ein paar Jahren, das war in der Unterführung beim Fielmann Ravensburg, hatte sich eine solche Menschenmenge gebildet, dass einzelne kurz zu Hause ihre eigenen Instrumente holten und mitspielten, alle haben mitgesungen. Immer wieder bezaubernd sind Kinder, die nicht mehr gehen wollen und frei von jeder Sorge um mich herum tanzen. Oder Ehepaare, die sich ihren Hochzeitstanz-Song wünschen und anfangen, vor Freude zu weinen. Und, und, und.
Bist du nervös vor deinen Auftritten?
Obwohl ich nicht gedacht hätte, dass diese Zeit mal eintreten würde: ich werde tatsächlich seit ein paar Monaten weniger, manchmal gar nicht nervös vor einem Konzert. Das liegt vor allem daran, dass meine Bands und ich Routinen erarbeiten. Mit zimt&zorn heißt es vor jeder Show: wir stellen uns in einen engen Kreis, sagen ein paar liebe Worte zueinander und beißen jede:r in einen Schnitz Zitrone. Ansonsten merke ich, dass es mir gut tut, mir möglichst wenig Sorgen zu machen, sondern einfach alles auf mich zukommen zu lassen. Das Geschehen von außen zu betrachten, ohne mich selbst zu verlassen.
Wo trifft man dich so an mit deiner Gitarre, beim Singen und beim Songtexte schreiben?
Am liebsten schreibe ich in öffentlichen Verkehrsmitteln. Es fällt mir generell schwer, bei statischer Umgebung zu schreiben. Der ‚Fluss‘ der Landschaft hinter Zugscheiben bringt auch meine Gedanken zum Fließen. Auch im Studio unter Zeitdruck bringe ich sehr schnell Texte fertig – manchmal hilft eben nur ein ‚Franzi – du hast 15min Zeit, los geht’s‘. Singend trifft man mich… überall. Beim Aufstehen, unter der Dusche, beim Kochen, beim Scooterfahren, beim Spazieren, beim Arbeiten… immer und überall.
Kann man improvisieren lernen, einfach so drauf los zu singen?
Wie so oft ist beim Improvisieren wohl das A und O: einfach machen. Ich selbst kann das leider nur mit Quatschliedern. Für eine Karriere als Freestyle-Rapperin fehlt es an Denkgeschwindigkeit!
Welche Talente helfen dir im Musikgeschäft?
Meine gnadenlose Überzeugung, dass dieser der eine Weg für mich ist. Ich habe nie eine andere Option in Erwägung gezogen, als Musik zu schreiben und aufzutreten. Es macht mich unendlich glücklich, so leben zu dürfen. Das kommt in der Regel auch so bei meinen Mitmenschen, auch bei Veranstalter:innen an. Ich denke, dass mir das oft weiterhilft, ohne eine tatsächliche ‚Fähigkeit‘ zu sein.
Hat dir dein Studium bei dem, was du heute machst, geholfen?
Mein Lehramtsstudium hat mich insofern hinsichtlich meines aktuellen Lebens unterstützt, dass ich während der Studienzeit vielerlei musikalische Projekte, Bands, Ensembles genießen durfte. Außerdem sind viele Dinge während dieser Zeit passiert, die heute noch in meine Songs einfließen.
Was sind die Herausforderungen momentan mit der Musik?
Aufzufallen, ohne sich zu verrenken. In der unfassbaren Masse an Künstler:innen, die sich über social media präsentieren, ist es schwer, herauszustechen. Denn einerseits will der Großteil der Konsument:innen etwas Besonderes, Spezielles – andererseits soll es möglichst klingen, wie alles, was der Mainstream ohnehin schon hat und mag. Das kann sich schnell anfühlen wie ein Kampf – nicht gegen Konsument:innen, sondern gegen sich selbst. Es braucht viel Geduld und auch Mut, sich nicht in Richtung Unauthentizität reißen zu lassen, sondern sich selbst treu zu bleiben.
Was sind die besonderen Momente?
Menschen sichtlich zu erreichen und zu berühren. Super liebe Gespräche am Merchstand nach einer Show. Für tolle Events gebucht zu werden, ein Publikum mitreißen zu können.
Wie gehst du mit Kritik um?
Still leidend. Ich hasse Kritik an meiner Kunst, auch wenn sie oft berechtigt ist. Denn sie ist nunmal ursprünglich auf eine bestimmte Weise aus mir herausgesprudelt und nun soll ich das nochmal überdenken? Das ist aber natürlich super wichtig, denn ich mache Musik nicht nur für mich, sondern auch für andere Menschen. Und manchmal muss etwas überarbeitet werden, um noch mehr Menschen anzusprechen.
Was machst du morgens nach dem Aufstehen als erstes?
Podcast anschalten. Meine Favoriten: ‚Drinnies‘, ‚Hotel Matze‘ und ‚Da muss man dabei gewesen sein‘. Ich kann nur sehr schlecht Ruhe ertragen, daher bin ich bis auf wenige Stunden am Tag dauerbeschallt und genieße Geschichten, die andere zu erzählen haben.
Was macht dir Freude?
Meine süßen Neffen, Gerechtigkeit, wenn meine Schwestern mir lustige Memes senden, Einsicht, Mut zu Emotionen, kuscheln mit meinem boy, Stimmen von Menschen und Tieren imitieren, für eine Show lang im Rampenlicht stehen.
Was würdest du gerne verändern?
Ich möchte gern noch mutiger werden und Menschen noch deutlicher auf unfaires Verhalten hinweisen. Oder wie meine Therapeutin oft sagte: Seien Sie doch endlich mal wütend!
Was bewegt dich momentan?
Der größer werdende Anteil an faschistisch gesinnten Menschen in meiner Umgebung. Er macht mir deutlich, dass man nicht laut genug sein kann, wenn es darum geht, künftige Generationen vor diesem Horror zu schützen.
Wer oder was inspiriert dich?
Natur und die Menschen, die in ihr leben und interagieren. Aktuell beschäftige ich mich auch viel mit Perspektivwechsel und Distanz, mit der Wichtigkeit und Unwichtigkeit von Leben.
Was ist mein Warum?
Jeden Morgen, an dem ich aufwache, vertraue und hoffe ich darauf, dass irgendwas passiert, was noch nie passiert ist Ich lebe für Veränderung, für Abenteuer, für Inspiration. Ich liebe es, Neues zu erleben. Das hat natürlich auch immer mit anderen Menschen zu tun. Es bringt mir unglaubliche Freude, Menschen zu beobachten, von ihrem Verhalten untereinander zu lernen. All das fließt in meine Musik: einschneidende Ereignisse, Freude an Entwicklung, beeindruckende Personen.
Was ist dir wirklich wichtig im Leben?
Erfüllung. Meine Familie. Gesundheit. Wandel.
Auf was freust du dich in der kommenden Woche?
Meine Debut Show mit WARUM WONKA und meinen 30. Geburtstag, der groß gefeiert werden will!
Hast du eine geheime Schwäche?
schokolierte Himbeeren; Ordnung halten; Menschen, die ihren Träumen folgen
Engagierst du dich für etwas?
Tierrechte sind mir extrem wichtig, da ich ein großes Problem mit Machtmissbrauch habe. Ich stand schon oft auf der Straße, vor Schlachthöfen, Pelzgeschäften, bestimmten Restaurants, um auf den unnötigen Verzehr fühlender Lebewesen aufmerksam zu machen, die einfach genau wie wir Menschen das Recht haben sollten, unversehrt auf unserem gemeinsamen Planeten Erde existieren zu dürfen. Außerdem spiele ich häufig auf Queeren Veranstaltungen oder Demos, die sich mit Frauen- und Kinder- und Tierrechten, Energiewende oder Antifaschismus befassen.
Hast du eine Vision für die Zukunft? Wünschst du dir etwas von der Gesellschaft?
In einer idealen Welt gäbe es keine Diskriminierung aufgrund von Merkmalen wie Geschlecht/Identität, Hautfarbe, Herkunftsort, Spezies. Religiöse Institutionen hätten keine gesellschaftliche Macht. Es gäbe keine Grenzen – denn die Welt ist rund, ein Ganzes und all die aktuelle Abgrenzung und die unsäglichen Machtgefälle sind letztenendes menschengemacht. Wir könnten unsere Kreativität und Ressourcen verwenden, um zusammen viel Größeres, Gerechteres zu erschaffen. Kunstschaffende Menschen würden als systemrelevant anerkannt und für ihre Arbeit angemessen wertgeschätzt werden.
Gibt es noch etwas, was du uns gerne erzählen möchtest?
Du bist gut, du bist genug, du bist wertvoll. Du musst nichts leisten, um Mensch zu sein. In diesem einen Leben, das dir gegeben ist, solltest du die Welt ein bisschen fairer, lieber und empathischer machen als sie es vorher war. Am Ende ist Geld egal - du und deine Mitmenschen, die Erinnerungen, die ihr gemeinsam erschafft, zählen.
Danke Franzi!
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